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Programm des Deutschen Bundestages „Parlamentarier schützen Parlamentarier“

Der Deutsche Bundestag hat 2003 das Programm "Parlamentarier schützen Parlamentarier" (PsP) ins Leben gerufen. Mit diesem Programm wollen wir einen Beitrag zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte weltweit leisten. Die Grundidee des Programms ist die symbolische Unterstützung des Deutschen Parlaments. Politikerinnen und Politiker sowie politisch aktive Persönlichkeiten im Ausland, die in ihren Ländern bedroht, verfolgt oder diffamiert werden, sollen unsere Unterstützung erhalten. Die Aktion ist ein starkes Zeichen unserer Solidarität. Und es ist ein wichtiger Beitrag für eine glaubwürdige Menschenrechtspolitik der Bundesrepublik Deutschland. In den letzten Jahren konnten aufgrund meiner Initiative einige Personen in das Programm aufgenommen werden. Viele von ihnen sehen sich politischer Willkür und Gewalt ausgesetzt.  Manche konnten mittlerweile frei kommen oder frei bleiben. 

 

Sviatlana Viktorovna Bychkouskaya

Sviatlana Viktorovna Bychkouskaya wurde am 21. April 2022 inhaftiert und im Mai 2023 vom Minsker Stadtgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu fünfeinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt. Die Belarussin arbeitete für den „One-Window“ Dienst im Minsker Stadtteil Oktyabrsky. Ihr wurde vorgeworfen, persönliche Daten von Sicherheitskräften an den Telegram-Kanal „Schwarzbuch von Belarus“ weitergegeben zu haben. Sie wird verurteilt wegen der Aufstachelung zu Feindschaft und Zwietracht und wegen Rechtswidrigen Handlungen im Zusammenhang mit Informationen über das Privatleben und personenbezogene Daten. Bychkouskaya legte daraufhin Berufung ein. Dies hatte zur Folge, dass sie durch das Innenministerium auf die „Liste der belarussischen Staatsbürger, ausländischen Staatsbürger und Staatenlosen, die an extremistischen Aktivitäten beteiligt sind“, gesetzt wird. 
Seit der Präsidentschaftswahl 2020 werden Proteste gewaltsam niedergeschlagen, Demonstrierende inhaftiert und willkürlichen Prozessen ausgeliefert. Dem Human Rights Center Viasna liegen aktuell mindestens 165 Fälle politischer Verfolgung vor. Seit 2022 ist in Belarus die Verhängung der Todesstrafe für den „Versuch eine terroristische Handlung zu begehen“ möglich. Die UN beschrieb 2023 die Menschenrechtslage in Belarus als „katastrophal“ und weist auf die restriktive Gesetzgebung hin.
Ich setze mich für die Achtung der Menschenrechte in Belarus ein und fordere die Freilassung von Sviatlana Viktoronva Bychkouskaya. 
 

Maksym Butkevych

Maksym Butkevych ist ein bekannter Journalist und Menschenrechtsaktivist aus der Ukraine. Er war beteiligt an der Gründung von Hromadske Radio, der unabhängigen Radiostation im Land. In den letzten zwanzig Jahren entwickelte sich Butkevych zu einem der aktivsten Menschenrechtler in seinem Heimatland, der sich gegen jegliche Art von Diskriminierung einsetzte und eine antirassistische Agenda verfolgt. So setzte er sich beispielsweise für den nigerianischen Studenten Olaolu Femi ein, der in einer ostukrainischen Stadt Opfer eines rassistischen Überfalls und des korrupten Rechtssystems wurde. Außerdem gründete und koordinierte Butkevych das Projekt „No Borders“, das das Ziel verfolgt, Asylsuchenden und internationalen Migrierende in der Ukraine sowie Geflüchteten aus den von Russland seit 2014 besetzten ostukrainischen Regionen zu helfen. Darüber hinaus setzt sich die Organisation gegen Rassismus und Xenophobie im Land ein. Neben vielen weiteren Engagements unterrichtet Butkevych als Gastlektor an der Nationalen Universität Kyjiw-Mohyla-Akademie und war zeitweise Mitglied des ukrainischen Vorstands von Amnesty International.

Im März 2022 trat der Aktivist, trotz seiner antimilitaristischen Einstellung, freiwillig in die ukrainische Armee ein, um sein Land im Angesicht des russischen Angriffskriegs zu verteidigen. Zwischen dem 21. und dem 24. Juni 2022 wurde er zusammen mit 13 weiteren Soldaten aus seiner militärischen Einheit in dem Gebiet Luhansk von der russischen Armee gefangen genommen. Seit dem haben seine Eltern keinen Kontakt mehr zu ihm; Von seinem Schicksal erfuhren sie Ende Juni aus russischen Medien. Nach wie vor ist Butkevychs Aufenthaltsort unbekannt.

Nach Übernahme der Patenschaft von Maksym Butkevych fordere ich gemeinsam mit Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtlern die russische Regierung auf, die Kriegsgefangenen, darunter auch Butkevych freizulassen und die Menschenrechte nicht länger zu missachten.

 

Alexander Kabanov

Alexander Kabanov ist ein Blogger aus dem belarussischen Brest, Autor des YouTube-Kanals „Narodnyi Reportyor“ („Volksreporter“) und Sprecher der Nominierungsgruppe der Präsidentschaftskandidatin Sviatlana Tsikhanouskaya. Am 15. Juni 2020 wurde er in Zusammenhang mit einer Wahlveranstaltung festgenommen.

Sein Prozess begann am 11. Februar 2021. Ihm wurde vorgeworfen, Gruppenaktionen organisiert zu haben, die grob gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, einen Regierungsbeamten im Zusammenhang mit der Ausübung seines Amtes beleidigt zu haben. Der Blogger war bei den Anhörungen nicht anwesend, er wurden zu Beginn des Prozesses aus dem Gerichtssaal entfernt. Auch Journalisten nichtstaatlicher Medien durften den Gerichtssaal nicht betreten. Im April 2021 wurde Alexander Kabanov zu drei Jahren Haft verurteilt.

Seine Haftbedingungen wurden mit der Zeit verschärft. Am 19. September 2021 wurde Kabanov in eine Arbeitstruppe versetzt. Am 20. Oktober 2021 wurde die Strafvollzugsordnung für ihn geändert, sodass er für sechs Monate in einen zellenartigen Raum verlegt wurde. Angeblich hat er systematisch gegen die Strafvollzugsordnung verstoßen. Zu diesem Zeitpunkt wurden für ihn Pakete, Anrufe, Kontakte gestrichen. Am 17. Dezember 2022 wurde er aus der Haft entlassen.

 


Guillermo Tenorío Vitonas

Guillermo Tenorío Vitonas ist ein kolumbianischer Menschenrechtler. Er setzt sich seit mehr als 50 Jahren für die Rechte der indigenen Bevölkerung Kolumbiens ein. In den indigenen Gemeinden und Organisationen ist er eine hoch angesehene Persönlichkeit. Vitonas ist Mayor der Nasa-Paez-Indigenen und von der UNESCO anerkannter Hüter spirituell-kulturellen indigenen Erbes. 1971 gründete er mit zwölf weiteren Personen den Consejo Regional Indígena del Cauca (CRIC) und war anschließend mehrere Jahre dessen Vorsitzender. In den 1980er Jahren leitete er zeitweise auch die Nationale Dachorganisation indigener Gruppen in Kolumbien, ONIC (Organización Nacional Indígena de Colombia). Allerdings ist Guillermo aufgrund seines Einsatzes gegen Gewalt und für Menschenrechte, Frieden und Autonomierechte indigener Gemeinden zum Ziel mehrerer Mordanschläge geworden. Nach einem von Paramilitärs verübten Schusswaffenattentat im Dezember 2019 hält er sich seit Februar 2020 in Deutschland auf. Hier will er über die Situation indigener Gemeinden in Kolumbien berichten. Ich hatte die Möglichkeit mit Herrn Vitonas über die aktuelle Menschenrechtssituation in der Region Cauca zu sprechen. Insbesondere ging es dabei um die Sicherheitslage der indigenen Gemeinden und darum, was von Deutschland aus getan werden kann, um diese besser vor Gewalt zu schützen. Es war mir deshalb ein persönliches Anliegen, Guillermo in unser Programm aufzunehmen. Seine Verdienste für die indigene Bevölkerung verdienen höchsten Respekt. Und mit der Aufnahme in das Programm, wollen wir zu seiner persönlichen Sicherheit beitragen. 


Hozan Canê 

Hozan Canê ist eine deutsch-kurdische Sängerin. Sie engagierte sich im türkischen Präsidentschaftswahlkampf für Kandidaten der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP Selahattin Demirtaş. 2018 wurde sie deshalb zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt – unter völlig konstruierten Vorwürfen. Zuerst saß sie im Istanbuler Frauengefängnis Bakırköy. Seit Oktober 2020 durfte sich Canê zwar wieder frei bewegen, die Türkei allerdings nicht verlassen. Vorgeworfen wird ihr ganz konkret die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation. Ihre Verurteilung war eindeutig politisch motiviert. Canê wurde im Alter von zwölf Jahren zwangsverheiratet und brachte mit 13 Jahren das erste ihrer drei Kinder zur Welt. Anfang der 1990er-Jahre zog sie zu ihrer Schwester nach Istanbul. Sie trat dort als Sängerin auf und sang Lieder in kurdischer Sprache. Da dies zur Verfolgung durch türkische Behörden führte, beantragte sie in Deutschland Asyl. Sie lebte seitdem in Deutschland, in Köln. Dort fanden seit ihrer Verhaftung immer wieder Mahnwachen statt, an denen ich teilgenommen habe. Zudem bin ich auch in die Türkei gereist, um an ihrem Prozess teilnehmen zu können. Am 14. Juli wurde ihre Ausreisesperre aufgehoben. Der Prozess in der Türkei geht derweil weiter. Ich bin dennoch froh, dass sie wieder nach Deutschland zurückkehren konnte.

 

Gönül Örs

Gönül Örs wurde im Mai 2019 am Istanbuler Flughafen festgenommen. Sie wollte ihre Mutter Hozan Canê besuchen, die seit Juni 2018 dort im Gefängnis sitzt. Örs wurde noch in der Nacht einem Haftrichter vorgeführt, der eine Ausreisesperre und eine Meldepflicht für sie verordnete. Weil Gönül Örs dennoch versuchte, dass Land zu verlassen wurde sie festgenommen. Es folgte ein einmonatiger Gefängnisaufenthalt in Edirne. Anschließend kam sie für zwei Monate in das Frauengefängnis Gebze bei Istanbul. Nach einer Verhandlung im Dezember, durfte sie das Gefängnis verlassen und kam für sechs Monate in Hausarrest – mit Fußfessel – bei einem Onkel in Izmir unter. Sie durfte in dieser Zeit das Haus nicht verlassen, nicht einmal auf den Balkon. Nach dieser Zeit durfte sie sich zwar frei innerhalb der Türkei bewegen, nach Hause ausreisen allerdings nicht. Gönül Örs wurde laut Anklageschrift Terrorpropaganda für die kurdische Arbeiterpartei PKK, Freiheitsberaubung unter Gewaltanwendung oder Täuschung sowie Entführung oder Beschlagnahmung von Beförderungsmitteln vorgeworfen. Grundlage für diese abenteuerliche Anklage ist, dass Gönül Örs sich 2012 an einer Aktion eines PKK-nahen Vereins in Köln beteiligt haben soll. Die Gruppe habe auf einem Rheindampfer für Touristen Transparente enthüllt, auf denen die Freilassung des früheren PKK-Chefs Abdullah Öcalan gefordert wurde. Das Urteil kam im Juni 2021: Sie wurde zu 10 Jahren und 7 Monaten Haft verurteilt, erhielt aber gleichzeitig eine Ausreiseerlaubnis. Das ist ein absurdes Urteil und zeigt die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei. Ich bin trotzdem froh, dass Gönül Örs nun wieder in ihre Heimat zurückkehren konnte.

 

"Mother Mushroom"

Nguyen Ngoc Nhu Quynh – auch bekannt als "Mother Mushroom" – ist eine vietnamesische Regierungskritikerin und Bloggerin. In ihren Beiträgen wendet Mother Mushroom sich Themen wie sozialer Probleme in Vietnam, Missmanagement durch die Regierung oder auch der Umweltkatastrophe vor der vietnamesischen Küste zu. Mother Mushroom ist zudem Mitgründerin eines unabhängigen Netzwerks vietnamesischer Blogger und Bloggerinnen, das Presse- und Meinungsfreiheit einfordert. Und deshalb wurde ihr von der vietnamesischen Regierung staatsfeindliche Propaganda vorgeworfen. Wofür ihr eine bis zu zehnjährige Haft drohte. Unter dem Vorwand der Gefährdung der Staatssicherheit landen in Vietnam viele Menschen im Gefängnis, nur weil sie von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machen. Mother Mushroom wurde damals in das Programm aufgenommen und ich forderte gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion die bedingungslose Freilassung. Und das mit Erfolg: 2018 wurde Mother Mushroom die Ausreise in die USA ermöglicht. Das PsP wirkt!

 

José Pilar Álvarez Cabrera

Auf meine Initiative hin wurde auch der Pfarrer und Menschenrechtsverteidiger José Pilar Álvarez Cabrera aus Guatemala in das Programm aufgenommen. Ich kannte Pfarrer Cabrera zu dem Zeitpunkt bereits schon einige Jahre und habe mich mit ihm auch persönlich austauschen können. Cabrera selbst habe ich über eine Frau in meinem Wahlkreis kennengelernt, die sich in der katholischen Kirche für das Land engagiere. Pfarrer Cabrera setzt sich in seiner Region Las Granadillas unter anderem für den Erhalt des Nebelwaldes ein und damit auch für den freien Zugang zu Wasser für Alle. Deshalb wurde Cabrera von den Großgrundbesitzern und den lokalen Regierungen, die Interesse an der Abholzung des Waldes haben, immer öfter zur Zielscheibe von Aggressionen bis hin zu Morddrohungen. Somit stand es für mich außer Frage, ihn in das Programm aufzunehmen. Pfarrer Cabrera ist Präsident der Lutherische Kirche Guatemalas (ILUGUA) und hält sich momentan auch in Guatemala auf.  Ich habe ich die Region selbst mehrfach bereist und mich dort mit Aktivistinnen und Aktivisten austauschen können. 

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