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FAQ zum Bürgergeld

25.11.2022

Das Bürgergeld kommt - jetzt auch mit Zustimmung des Bundesrates! Nach wochenlanger Kampagne hatte die Union das Bürgergeld im Bundesrat blockiert. Daher war ein Vermittlungsausschuss nötig und ein Kompromiss wurde ausgehandelt. Auch mit dem Kompromiss bleibt der Kern unseres Bürgergeldes aber bestehen. Zu den Änderungen des Vermittlungsausschusses und darüber, was mit dem Bürgergeld jetzt alles besser wird, gibt es hier ein FAQ:

 

Der Bundestag hatte das Bürgergeldgesetz doch schon beschlossen. Warum war ein Kompromiss mit der Union nötig?

Das Bürgergeld-Gesetz ist ein zustimmungspflichtiges Gesetz: nach dem Bundestag muss auch der Bundesrat zustimmen. Der Bundesrat hat 69 Stimmen, das heißt es werden 35 Ja-Stimmen gebraucht, damit das Gesetz beschlossen wird. Die Länder mit CDU-Beteiligung haben sich aber enthalten oder gegen das Gesetz gestimmt, sodass wir nur 30 Ja-Stimmen für unser Gesetz hatten. Entsprechend mussten wir im Vermittlungsausschuss Länder mit CDU-Beteiligung dazu bringen, für unser Gesetz zu stimmen. So wurde ein Kompromiss mit der CDU/CSU nötig. Ohne einen Kompromiss wäre das Gesetz komplett gescheitert.

 

Warum war eine schnelle Einigung nötig?

Der Beschluss im November im Bundesrat war zwingend nötig, damit der höhere Regelsatz von 502 Euro noch angewiesen und zum 01. Januar 2023 pünktlich ausgezahlt werden kann. Außerdem wären die Regelungen zum erleichterten Zugang Ende des Jahres ausgelaufen und der soziale Arbeitsmarkt musste jetzt entfristet werden. Daher gab es einen hohen Zeitdruck für eine Einigung. Das “Angebot” der Union, zunächst nur den Regelsätzen zuzustimmen und den Rest weiter zu verhandeln, war ein unehrliches Angebot. Es wäre die Beerdigung des Bürgergelds gewesen, sie hätten dem Rest des Gesetzes vermutlich nie zugestimmt.

 

Was bedeutet der Kompromiss im Vermittlungsausschuss? Was wurde vereinbart?

Das Bürgergeld tritt zum 1. Januar in Kraft und die Kernbestandteile (siehe unten) bleiben bestehen! Das ist ein großer Erfolg und der versprochene Kulturwandel zu mehr Respekt und einer Kultur auf Augenhöhe kommt. Die Union wollte das Gesetz komplett verhindern und nur der Erhöhung der Regelsätze zum 1. Januar 2023 zustimmen. Viele Änderungswünsche der Union konnten wir verhindern, doch einige Zugeständnisse waren leider nötig. Am bestehenden Gesetz werden folgende Änderungen vorgenommen:

1. Karenzzeit: 12 Monate statt 24 Monate Schonfrist für größere Wohnungen und Schonvermögen.

2. Schonvermögen: 40.00 Euro Schonvermögen statt 60.000 Euro, zudem für jede weitere Person 15.000 Euro statt 30.000 Euro.

3. Vertrauenszeit: Nach Abschluss des Kooperationsplans sollte es 6 Monate Vertrauenszeit geben, in der Pflichtverletzungen nicht sanktioniert werden sollten. Diese fällt weg.

4. Sanktionen bei Pflichtverletzungen: Die Sanktionen für Pflichtverletzungen konnten wir entschärfen. Nach der Vertrauenszeit von 6 Monaten sollten im ursprünglichen Gesetz Pflichtverletzungen beim 1. Verstoß mit 20 Prozent für 3 Monate und beim 2. Verstoß mit 30 Prozent für 3 Monate sanktioniert werden. Die neue Regelung sieht bei Pflichtverletzungen vor:

1. Pflichtverletzung 10 Prozent Sanktion für 1 Monat,

2. Pflichtverletzung 20 Prozent Sanktion für 2 Monate,

3. Pflichtverletzung 30 Prozent Sanktion für 3 Monate.

Nach wie vor werden Sanktionen wieder aufgehoben, wenn die Mitwirkung wieder einsetzt!

5. Aufforderungen: Zu Maßnahmen, die im Kooperationsplan vereinbart wurden, wird zukünftig mit Rechtsfolgenbelehrung eingeladen.

 

Die Vertrauenszeit wurde abgeschafft. Was bedeutet das?

Nach Abschluss des Kooperationsplans sollte es 6 Monate Vertrauenszeit geben, in der Pflichtverletzungen nicht sanktioniert werden sollten. Die Union hat immer wieder behauptet, die Vertrauenszeit sei der Einstieg in ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“. Das war und ist natürlich nicht richtig. Trotzdem hat die Union hier eine ideologische Debatte aufgemacht und hat auf die Abschaffung der Vertrauenszeit bestanden. Das ist ärgerlich. Dafür konnten wir im Gegenzug die Regelung zu Sanktionen bei Pflichtverletzungen sogar insgesamt entschärfen.

 

Gibt es jetzt schärfere Sanktionen? Gibt es jetzt Sanktionen ab dem ersten Termin?

Nein. Die erste Einladung vom Jobcenter kommt immer ohne die Androhung einer Sanktion. Das steht so im Gesetz und das bleibt bestehen. Hier werden Fake News verbreitet.

Richtig ist zudem, dass wir die Sanktionsregelung gegenüber dem ursprünglichen Bürgergeld-Gesetz jetzt sogar entschärfen konnten! Terminversäumnisse und die 1. Pflichtverletzung werden künftig mit 10 Prozent Kürzung für 1 Monat sanktioniert. Vorher war für die 1. Pflichtverletzung 20 Prozent für 3 Monate vorgesehen.

 

Was bedeuten die Absenkung des Schonvermögens und die kürzere Karenzzeit?

Die Absenkung des Schonvermögens betrifft Menschen, die mehr als 40.000 Euro Vermögen haben. Höhere Vermögen werden angerechnet, müssen also aufgebraucht werden, bevor Leistungen ausgezahlt werden. Die meisten Menschen, die Sozialleistungen beantragen, haben aber deutlich geringere Rücklagen als 40.000 oder 60.000 Euro. Die Reduzierung betrifft vor allem vormalige Selbständige.

Nach einem Jahr schrumpft das geschützte Vermögen auf 15.000 Euro im SGB II. Ein angemessener PKW, private Altersvorsorge und das selbst genutzte (angemessene) Eigenheim sind davon ausgenommen.

Zudem ist die Wohnung für ein Jahr geschützt, man muss also in dieser Zeit nicht umziehen, auch wenn die Wohnung eigentlich zu groß ist. Hier hatten wir einen Schutz für zwei Jahre vorgesehen, da wir mehr Zeit und Luft für Weiterbildung und Jobsuche schaffen wollten.

 

Warum behauptet Merz, die Union habe „den Kern des Bürgergeldes“ verhindert?

Die Union behauptet, dass mit dem Bürgergeld ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ eingeführt worden wäre. Das hätten sie jetzt verhindert, da die Vertrauenszeit abgeschafft wurde. Diese Behauptungen sind schlichtweg falsch. Die Abschaffung der Vertrauenszeit zeigt vor allem, dass die Union ein negatives Menschenbild hat. Die Vertrauenszeit war aber nie Kern des Gesetzes. Die Drohkulisse der Sanktionen bauen wir trotzdem ab und der Kulturwandel des Respekts und der Augenhöhe im Umgang mit den Bürgergeld-Empfänger:inenn bleibt im Gesetz fest verankert.

 

Welche positiven Verbesserungen kommen jetzt noch durch das neue Bürgergeld? Auch nach dem Kompromiss?

Klar ist: Die Kernbestandteile des Bürgergeldes bleiben bestehen! Wir lassen Hartz IV hinter uns und bringen die größte Sozialreform der letzten 20 Jahre auf den Weg. Die Reform bedeutet weiterhin einen echten Kulturwandel im Umgang mit den Menschen im Leistungsbezug. Wir setzen auf den Abbau von Bürokratie, eine Kultur der Augenhöhe und des Respekts und mehr nachhaltige (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt. Das Bürgergeld ist nach wie vor ein großer Fortschritt! Im Detail kommt Folgendes:

Mehr Respekt: mit besserer Beratung in den Jobcentern

  • Die Kommunikation soll künftig leicht verständlich und ohne Drohkulisse stattfinden.
  • Die Beratung in den Jobcentern wird auf eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt ausgerichtet. Nicht mehr der nächstbeste Job, sondern die langfristige Perspektive der Bürgergeld-Bezieher:inenn wird jetzt im Fokus der Beratung stehen!
  • Die erste Einladung vom Jobcenter wird immer ohne die Androhung von Sanktionen verschickt. Wer mitmacht und zu den Terminen kommt, sollte gar nicht mehr mit der Androhung von Sanktionen in Berührung kommen.
  • Zukünftig muss auch zu Reha-Bedarfen beraten werden.

Mehr Augenhöhe: mit Kooperationsplan und einer Schlichtungsstelle

  • Die schwer verständliche und sehr juristische Eingliederungsvereinbarung wird abgeschafft.
  • Der Kooperationsplan ist eine Vereinbarung in verständlicher Sprache, ohne juristische Fachbegriffe. Hier werden die nächsten Schritte individuell vereinbart und festgehalten.
  • Der Kooperationsplan wird im Konsens abgeschlossen.
  • Können sich Jobcenter und Bürgergeld-Bezieher:in nicht auf einen Kooperationsplan einigen, so kann von beiden Seiten die Schlichtungsstelle angerufen werde. Diese soll innerhalb von vier Wochen eine einvernehmliche Lösung herbeiführen. Die Schlichtung erfolgt durch eine:n unbeteiligten Dritten.
  • Während des Schlichtungsverfahrens werden Pflichtverletzungen nicht sanktioniert.

Wir schaffen positive Anreize statt Drohkulisse

  • 150 Euro pro Monat Weiterbildungsgeld zusätzlich zum Regelsatz bei einer beruflichen Weiterbildung, die zu einem Abschluss führt.
  • 75 Euro pro Monat Bürgergeldbonus zusätzlich zum Regelsatz für eine Weiterbildung.
  • Entfristung der Prämienregel für bestandene Zwischen- und Abschlussprüfungen.

Nachhaltige Integration: Der Vermittlungsvorrang fällt

  • Weiterbildung und Qualifizierung werden gleichrangig unterstützt wie die Aufnahme eines neuen Jobs.
  • Vermittelt wird in Tätigkeiten und Maßnahmen, die vorher gemeinsam und konsensual im Kooperationsplan festgehalten wurden.
  • Auch eine dreijährige neue Berufsausbildung kam jetzt gefördert werden

Wir empowern junge Menschen

  • Schüler:innen dürfen künftig ihren Verdienst aus einem Ferienjob komplett behalten.
  • Junge Menschen haben künftig 520 Euro Freibetrag für ihre Ausbildungsvergütung, den Schul-Nebenjob und bei FSJ und BuFDi. Vorher wurden diese Einkommen komplett angerechnet und nur 20 Prozent blieben für die Bedarfsgemeinschaft als Zuverdienst.
  • Die Regelung, dass junge Menschen härter sanktioniert werden, schaffen wir ab. Stattdessen gibt es mehr Beratungsangebote.
  • Junge Erwachsene haften nicht mehr für Schulden ihrer Eltern.

Mehr Unterstützung für (Langzeit-)Arbeitslose

  • Der soziale Arbeitsmarkt (§ 16i) wird entfristet.
  • Begleitendes Coaching und aufsuchende Beratung werden zu Regelinstrumenten. Coaching bei Arbeitsaufnahme ist jetzt bis zu 9 Monate möglich.
  • Die Zwangsverrentung mit 63 Jahren wird beendet.
  • Qualifizierung und Weiterbildung werden mit Bonuszahlungen gefördert.
  • Bei Arbeitsaufnahme kann die Lücke bis zur Auszahlung des ersten Gehalts mit Sozialleistungen überbrückt werden. Diese werden schrittweise zurückgezahlt.

Mehr im Geldbeutel

  • Der Regelsatz steigt zum 1. Januar 2023 um 53 Euro und wir schaffen einen besseren Inflationsausgleich.
  • Die Zuverdienstmöglichkeiten steigen in einem ersten Schritt.
  • Das Mutterschaftsgeld wird nicht mehr angerechnet.
  • Wer ein Darlehen vom Jobcenter braucht, muss es nur noch mit 5 Prozent-Raten vom Regelsatz zurückzahlen (vorher 10 Prozent).
  • Von Aufwandsentschädigungen für ein Ehrenamt kann mehr behalten werden.
  • Kleine Erbschaften werden nur noch in einem Monat angerechnet, der Rest ist Vermögen.

Vereinfachter Zugang und Karenz auf Wohnraum und Rücklagen

  • Die Wohnung und Rücklagen bis 40.000 Euro werden in den ersten 12 Monaten nicht angetastet. Für jede weitere Person in einem Haushalt werden weitere 15.000 Euro nicht beim Vermögen berücksichtigt.
  • Ein angemessener PKW und private Altersvorsorge sowie selbst genutztes (angemessenes) Wohneigentum werden nicht auf das Vermögen angerechnet.
  • Die Ausnahmen für den sogenannten „Aufenthalt im näheren Bereich“ werden erweitert, etwa um ein Ehrenamt auszuüben.
  • Nach den ersten 12 Monaten bleibt das Schonvermögen bei 15.000 Euro im SGB II (bzw. 10.000 Euro im SGB XII) plus angemessener PKW und private Altersvorsorge.
  • Wer in der aktuellen Lage bei hohen Nachzahlungen für Energie- und Stromkosten einmalig Leistungen beantragen muss, kann dies auch drei Monate rückwirkend tun.

 

Wie geht es jetzt weiter?

Das Bürgergeld-Gesetz tritt zum 01. Januar 2023 wie geplant in Kraft. Viele Änderungen müssen aber erst zum 1. Juli 2023 umgesetzt werden, damit sich die Jobcenter auf die Neuerungen einstellen können. Im Laufe der Legislatur werden wir zudem noch ein zweites Gesetzespaket auf den Weg bringen, mit welchem wir die aktive Arbeitsmarktpolitik und die Zuverdienstgrenzen neu regeln werden.