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COP21 Paris Tag 5

04.12.2015

Frank Schwabe (SPD):

Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Dinge sind so, wie sie sind.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut, dass das mal einer sagt!)

Der Klimawandel findet statt, und er ist menschengemacht. Wir leben in einer Zeit, in der wir Schwellen überschreiten und Extreme erleben. Wir verzeichnen gegenüber der vorindustriellen Zeit eine Erhöhung der Temperatur um mehr als 1 Grad. Wir haben mittlerweile einen Wert von 400 ppm erreicht; dieser technische Wert ist ein Maß dafür, wie hoch die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist. Außerdem ist dieses Jahr das wärmste seit der Temperaturaufzeichnung.

Da uns der liebe Gott die Möglichkeit gegeben hat, zu denken, und wir verantwortliche Politik betreiben wollen, müssen wir die Dinge ändern: wie wir leben, wie wir Produkte erzeugen, wie wir Energie erzeugen, wie wir uns fortbewegen, was wir essen, wie wir das, was wir essen, produzieren bzw. aufziehen.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt komm mal von der Überflugebene ein bisschen runter!)

Ist das hart, liebe Kolleginnen und Kollegen? Ja, es ist hart, die Dinge zu verändern, sich umzustellen. Aber was könnte härter sein, als das, was 35 Millionen Menschen in Bangladesch erleben, die weniger als 1 Meter oberhalb des Meeresspiegels leben und alles zu verlieren drohen? Was könnte härter sein als das, was die Menschen auf der Pazifikinsel Kiribati erleben, die auf andere Inseln umgesiedelt werden sollen? All das findet heute statt. Deswegen ist dies keine theoretische Debatte darüber, ob wir eine Erhöhung der Temperatur um 1 Grad, 1,5 Grad oder 2 Grad haben. Ich weiß, dass 2 Grad das realistische Ziel ist, um das es in Paris geht; aber ich bin sehr bei den Entwicklungsländern, die das 1,5-Grad-Ziel fordern.

(Beifall bei der SPD)

Die Wahrheit ist: Der Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl findet längst statt. Wir streiten uns nur noch darüber, ob er in 20, 25 oder 30 Jahren vollzogen sein soll. Der Ausstieg ist besiegelt. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie. Das interessiert uns Sozialdemokraten natürlich besonders. Es geht darum, wie wir den Umbau organisieren, damit die Menschen, wie wir im Ruhrgebiet sagen, nicht ins Bergfreie fallen.

Der Umstieg findet längst statt - und nicht erst seit Beginn der Klimakonferenz in Paris. Aber der Plan des Umstiegs wird mehr und mehr festgetreten, und dazu dient auch Paris. Wichtig ist: Wenn wir aus Paris zurückkommen, muss die Arbeit hier, in der Europäischen Union und in Deutschland, intensiviert werden. Dann müssen die Ziele, die wir uns gesetzt haben, umgesetzt werden, an der einen oder anderen Stelle auch verschärft werden.

Niemand soll die Hoffnung haben, dass es in Paris keinen rechtsverbindlichen Klimavertrag geben wird. Den wird es geben. Damit, finde ich, entfällt jedes Argument, dass wir kein Level Playing Field auf internationaler Ebene haben. Damit entfällt jedes Argument, dass wir keine ambitionierte europäische und deutsche Klimaschutzpolitik betreiben. Damit ist das Programm für 2016 eigentlich schon vorgegeben.

Meine Hoffnung und meine Bitte sind, dass alle konstruktiv daran mitwirken. Ich bin mir nicht so sicher, ob das so sein wird. Ich habe mir gerade ein Papier des BDI angesehen - ich hoffe, dass das ein Ausrutscher ist -, in dem davon gesprochen wird, dass das Klimaziel für 2020 zu hoch sei und Investoren verschrecke. In dem Papier wird davon gesprochen, dass der Klimaschutzplan für 2050 zu verwerfen sei, weil er in die klimapolitische Kleinstaaterei führe. Ich finde, das ist keine konstruktive Debatte.

(Beifall bei der SPD)

Wer jetzt propagiert, Klimaschutzziele aufzugeben oder keine neuen zu fassen, der hat die Zeichen der Zeit wirklich verkannt.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen (SPD))

Es ist am Ende eine Politik der Realitäts- und Zukunftsverweigerung, die schon RWE und Eon - das ist bitter genug - an den Rand des unternehmerischen Abgrunds geführt hat.

Ich glaube, es geht nach Paris um Dreierlei. Wenn Paris erfolgreich sein soll, werden wir drei zentrale Aufgaben zu bewältigen haben.

Erstens. Wir müssen das EU-Ziel anschärfen; das ist mehrfach betont worden. Wir haben ein Ziel, das mindestens 40 Prozent Reduktion vorsieht. Im Lichte von Paris muss das angeschärft werden. Wir dürfen nicht hinter China, die USA und andere Teile der Welt zurückfallen, die sich längst auf den Weg gemacht haben, die zum Sprint angesetzt haben und an manchen Stellen - so viel gehört auch zur Wahrheit - klimapolitisch durchaus schon weiter sind als wir zurzeit in der Europäischen Union.

Zweitens. Wir müssen die Ziele für 2030, 2040 und 2050 so festzurren - wenn es nach mir persönlich geht, weiterhin gesetzlich -, dass sich die Akteure in der Wirtschaft nicht mehr um das Ob streiten müssen, sondern nur noch um das Wie. Das ist die konstruktivere Debatte. Das schafft für die heimische Wirtschaft einen verlässlichen Rahmen für Innovationen und Investitionen.

Drittens. Wir müssen die Ziele von 40 Prozent bis 2020 und bis zu 95 Prozent bis 2050 weiterhin so mit Maßnahmen unterlegen und die Maßnahmen, die wir schon haben, so konsequent umsetzen, dass die Ziele in der Tat erreicht werden.

Paris wird das Signal aussenden, mehr zu tun und nicht weniger. Klimaschutz ist Wirtschaftsförderung für die Zukunft. Ein Land, das umweltfreundlich Energie erzeugen kann, ein Land, das energieeffizient produzieren kann, das aber nicht tut, würde sich versündigen an der Zukunft, an den nächsten Generationen und würde, wie ich finde, gleichzeitig auch seiner internationalen Wettbewerbsfähigkeit schaden.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau das tut die Bundesregierung!)

Das sollten wir nicht zulassen. Wir sollten gemeinsam handeln für ein erfolgreiches Abkommen in Paris, für eine Anschärfung der Ziele in der Europäischen Union und für die konsequente Umsetzung. Ich freue mich, dass die Grünen hinsichtlich der konsequenten Umsetzung der Maßnahmen in Deutschland an der Seite der Umweltministerin stehen.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schade nur, dass ihr gestern gegen sie gestimmt habt!)

Glück auf, Herr Krischer!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)